Franz Karl Patzner (genannt F.K.P.)

8. Dan Judo
5. Dan Jiu Jitsu
3. Dan Ju-Jutsu

F.K.P. wurde am 2. April 1927 als ältester Sohn des deutschstämmigen Lockführers Stanislav Patzner und seiner tschechischen Frau Josefa in Neuburg (Nymburg, in der damaligen Tschechoslowakei) geboren. Den Tag seiner Geburt kommentierte er selbst später gerne als: "Ein Tag früher und ich wäre ein Aprilscherz geworden".

1939 wurde die gesamte Familie aufgrund der deutschen Abstammung des Vaters ins Sudetenland nach Ceská Lípa umgesiedelt, "Heim ins Reich geholt", wie man es damals ausdrückte. Für den zwölfjährigen Schuljungen Fanous (Franz) hieß das, dass alle Fächer von gestern auf heute nicht mehr in der tschechischen, sondern in der deutschen Sprache unterrichtet wurden. Er bewältigte dies, sicherlich auch aufgrund seiner enormen Sprachbegabung gut, doch erinnerte er sich als Erwachsener noch an die Hänseleien, denen das Kind ausgesetzt war, wenn es etwa "ungefährlich" sagte, aber "ungefähr" meinte.

1942, noch nicht ganz fünfzehn Jahre alt, begann Franz Karl seine Ausbildung als Flugmechaniker in Friedrichshafen am Bodensee bei einer der dortigen Militärschulen. Kurz darauf wurde er jedoch, wie so viele Minderjährige auch, mit knapp sechzehn Jahren als "Kanonenfutter" an die Front geschickt.

Verwundet kehrt Franz Karl dann 1945 noch einmal kurz in seine Heimat die Tschechoslowakei zurück. Dank seiner deutschen Wehrmachtsuniform muss er in Prag von seinem Onkel in Schutz genommen werden und schnellstmöglich nach Ceská Lípa gebracht werden. Von Ceská Lípa macht sich Franz auf den Weg nach Frankreich, wo er als Matrose anheuern möchte.
Unterwegs gerät er jedoch in französische Kriegsgefangenschaft, trägt er doch immer noch die deutsche Wehrmachtsuniform, so dass ihm niemand glauben würde, er sei freiwillig nach Frankreich gekommen, um in Marseille anzuheuern.

In den französischen Kriegsgefangenenlagern, so weiß man heute, warben Abgeordnete der Legion unter den in jeder Hinsicht ausgehungerten Kriegs- gefangenen um neue Soldaten für die diversen Kriegseinsätze. Die bereits soweit vorgefertigten Verträge wurden in der Regel rasch unterschrieben. Wer einmal unterschrieben hatte, der konnte nicht mehr zurück.

Auch Franz Karl, nach damaligem noch längst nicht und nach heutigem europäischen Gesetz gerade so volljährig werdend, willigte ein.
So wurde F.K.P. Soldat bei der französischen Fremdenlegion und kämpfte unter anderem in Vietnam und Afrika.

Seine erste Begegnung mit Judo schilderte F.K.P. in einem Interview mit Roman Jäger (KDV, 5.Dan) folgendermaßen:
"Im Februar 1946 als ich in Saigon weilte, bewachten internierten Japaner das Munitionsdepot und das Tanklager. Die Offiziere, von denen eine Reihe in Deutschland studiert hatte und daher deutsch sprach, waren mit einem Stock ausgerüstet, den sie als Schwertersatz für Kendo einsetzten. Nach einigen Trainingsstunden fragte ich diese, ob es nicht eine andere Selbstverteidigungssportart gäbe, bei den Hilfsmitteln nicht erforderlich seinen, denn wer läuft als junger Mann mit Stock durch die Gegend. Sie bejahten dies und unterrichteten mich in Judo.
Ende 1948 traf ich in Mascara, Algerien, glücklicherweise Jean Mercier und Ari Rinnert, sodass ich meine Judotraining fortsetzen konnte. Bei Dienstfahrten nach Sidi-Bel-Abbes nutzte ich die Gelegenheit, um bei Maitre Segnerie Judo zu trainieren.

1950 kam ich dann nach Bonn zur 'Hohen Kommission', bei der ich überwiegend als Dolmetscher tätig war. Ich suchte eine Möglichkeit weiter Judo zu betreiben und fand in der Karlsschule den Judo-Club Samurai von Heinrich Lülsdorf. Als 1955 Lülsdorf auf unerklärliche Weise verschwand und wir nicht sicher sein konnten, ob noch offene Verpflichtungen bestanden, entschlossen wir uns einen neuen Verein zu gründen. So wurde im Mai 1955 der 1. Bonner Judo - Club ins Leben gerufen. Im Wintersemester 1960/61 gründete ich unter anderem mit Horst Patrosio den Universitäts-Judo-Club Bonn und zwei Jahre später wurden wir mit der Mannschaft Deutscher Hochschulmeister. So wurde im Mai 1955 der 1. Bonner Judo-Club ins Leben gerufen.
Im Wintersemester 1960/61 gründete ich unter anderem mit Horst Patrosio den Universitäts-Judo-Club Bonn und zwei Jahre später wurden wir mit der Mannschaft Deutscher Hochschulmeister.
1961 eröffnete ich mit Einwilligung des damaligen DJB Präsidenten Max Deepke mein eigenes Dojo.
Drei Jahre später, 1965 löste ich dann mein Arbeitsverhältnis bei der französischen Botschaft und war fortan als hauptberuflicher Judolehrer tätig.
Ein weiterer Meilenstein war die Gründung des Judo-Sport-Union Bonn 1982, welche sich bis 1990 bis in die 2. Bundesliga hoch kämpfte, wobei zu bemerken ist, dass diese Kämpfer ausschließlich Amateure waren."

F.K.P.s Judo-Aktivitäten als Bundes- und Internationaler Kampfrichter von 1957 bis 1990 haben ihn weit in der Welt herumkommen lassen.
Die Einsätze reichten von Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, Europa-Cup, bis hin zu internationalen Turnieren und Länderkämpfen und endeten mit seiner Tätigkeit als Beobachter der EJU bis 1991.
Auf diesen Reisen lernte er viele tolle Personen kennen, wie Anton Geesink den ersten Judo- Olympiasieger im Schwergewicht aus Holland oder den Meister Ichiro Abe, einem der drei derzeitig höchsten Danträger des Kodokan.

F.K.P.s internationale Kontakte ermöglichten seinen Judo-Kämpfern auch die Teilnahme an den sich gerade etablierenden EG-Kämpfen (Europäische Gemeinschaft) teilzunehmen. Alle sechs Hauptstädte stellten jeweils eine Judomannschaft auf und zweimal im Jahr wurden in einem von den Hauptstädten Freundschaftskämpfe ausgetragen (Paris, Luxemburg, Brüssel, Amsterdam, Rom).
1964 - 1974 gab es für die Auswahlmannschaft der Bundeshauptstadt Bonn und F.K.P. eine erfolgreiche und sehr schöne Zeit.

F.K.P. hat sich aber stets auch um den Nachwuchs gekümmert, der (noch) weit entfernt von erfolgreichen Wettkampfteilnahmen, zu aller erst die grundlegenden Techniken und Prinzipien des Judos erlernen musste. Auch ihnen verhalf er durch seine Kontakte nach Paris und Liberec (CZ) zu zahlreichen Auslandsaufenthalten, anlässlich derer man innerhalb von Freundschaftskämpfen sein Talent erproben konnte. 1984 konnten sogar Kinder aus seinen Kinderkursen als "Montagsmaler" an der gleichnamigen Sendung teilnehmen. Zusammen mit Showgrößen zeichneten Sie einen Begriff, der von der jeweils eigenen Mannschaft zu erraten war. Mit dabei waren unter anderem Thomas Gottschalk, Alfred Biolek und Joachim Fuchsberger, der selbst Danträger ist und lange Zeit aktiver Judoka war, beeindruckte den Bonner Nachwuchs nicht nur mit einer perfekten Judorolle links. 

Der Judosport in unserer Region wird stets im Zeichen von F.K.P. stehen, war er doch einer der Pioniere. Viele von uns werden auch nicht aufhören ihn zu vermissen. Dies insbesondere aufgrund seiner Eigensinnigkeit und seines Humors, setzte er beides doch bedingungslos ein, sofern er von etwas nur fest überzeugt war: stets im Dienste der guten (Judo-) Sache für alle und auf vielen Sprachen, die er fließend sprach.

F.K.P. verstarb am 18. Februar 2012 anderthalb Monate vor seinem 85. Geburtstag.

Der Artikel basiert auf Informationen von Marie-Luise Wünsche, in (tschechischen) Judokreisen auch als Manka bekannt, F.K.P.s Nichte Stána Patzner, dem langjährigen Freund F.K.P.s Willi Göttling und einem der ersten Judoschüler F.K.P.s Toni Riquier

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